von kanzlei | Nov. 7, 2021 | Mietrecht, Urteile
AG München, Az.: 473 C 12632/20
Einschränkungen des Präsenzunterrichts berechtigen nicht zur außerordentlichen Kündigung einer Studentenbude. Dies hat das Amtsgericht München entschieden.
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Ein Student, der ein möbliertes Apartment am Ort seiner Universität gemietet hat, kann nicht vorzeitig aus dem Mietvertrag entlassen werden, wenn die Uni den Präsenzunterrichtet wegen der Corona-Pandemie bis auf weiteres aussetzt und nur noch in digitaler Form unterrichtet. Damit verliert die Wohnung nicht ihre Gebrauchstauglichkeit.
Das Argument des Studenten, er könne genauso gut von seinen Eltern aus studieren, zog nicht. Der Vermieter trage nur das Risiko der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache. Könne der Student von dort aus auch online studieren, so dürfe er nicht vorzeitig aus dem Mietvertrag aussteigen.
Quelle: Eigenheimer aktuell, Ausgabe November 2021
von kanzlei | Feb. 7, 2021 | Mietrecht, Urteile
LG Lüneburg, Az.: 6 S 1/19
Mieter, die sich für eine Wohnung bewerben, dürfen nicht lügen, wenn sie nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen gefragt werden. Das hat das Amtsgericht Lüneburg entschieden.
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
In dem konkreten Fall hatte ein Single bei der Bewerbung für eine Wohnung, die monatlich rund 250,00 EUR Miete kosten sollte angegeben, schuldenfrei zu sein und keine laufenden Zahlungsverpflichtungen zu haben. Das stellte sich als falsch heraus.
Ein Jahr nach Abschluss des Mietvertrages wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mieters eröffnet. Der Vermieter kündigte daraufhin das Mietverhältnis wegen der falschen Angaben in der Selbstauskunft – zu Recht.
Es dürfe bei der Beantwortung dieser Frage auch keine Bagatellgrenze geben, so das Gericht, weil ansonsten kleinere Vermieter benachteiligt würden. Außerdem sei das Vertrauensverhältnis zwischen Vermieter und Mieter erschüttert.
Quelle: Eigenheimer aktuell, Ausgabe Februar 2021
von kanzlei | Nov. 1, 2020 | Mietrecht, Urteile
AG Fürstenfeldbruck, Az.: 5 C 364/19
Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs zugunsten eines Großneffen ist nur in Ausnahmefällen möglich. Das hat das Amtsgericht Fürstenfeldbruck entschieden.
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Ein Grund für eine Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kann sein, dass Verwandte das Eigentum nutzen wollen. Dabei spielt jedoch der Grad der Verwandtschaft eine Rolle.
Eine Kündigung zugunsten eines Großneffen ist dabei in aller Regel nicht möglich. Zwar sei, so das AG Fürstenfeldbruck, eine Eigenbedarfskündigung auch zugunsten eines entfernteren Verwandten denkbar, allerdings muss der Vermieter dann ein besonderes und herausgehobenes Näheverhältnis nachweisen.
Das gab es vorliegend nicht. Der Vermieter konnte nicht belegen, dass eine enge soziale Verbundenheit zu seinem Großneffen bestand oder er moralisch zur Fürsorge verpflichtet gewesen wäre.
Das Besitzrecht des Mieters wog daher nach einer erfolgten Güterabwägung schwerer als das Eigentumsrecht des Vermieters.
Quelle: Eigenheimer aktuell, Ausgabe Oktober 2020
von kanzlei | Nov. 10, 2019 | Urteile, Verkehrsrecht
OLG Koblenz, Beschluss vom 16.04.2019 – 12 U 692/18
Fahrer von Elektrokleinstfahrzeugen wie z.B. Segways müssen auf einem kombinierten Fuß- und Radweg den Fußgängern Vorrang gewähren. Kommt es zum Unfall kann ein etwaiges Mitverschulden des Fußgängers dann unter Umständen zurücktreten. Demnach muss das Fahrzeug auch angehalten werden, wenn ein Fußgänger nicht auf Warnsignale reagiert. Das hat das OLG Koblenz entschieden.
Sachverhalt
Eine Segway-Fahrerin hatte als Teil einer Gruppe von Segway-Fahrern einen kombinierten Geh-/Radweg befahren. Der Beklagte war dort als Fußgänger unterwegs und gerade damit beschäftigt Fotos zu fertigen.
Als dieser rückwärtsging, stießen Klägerin und Beklagter zusammen, worauf die Klägerin mit ihrem Segway stürzte. Sie hat im Prozess angegeben, sich durch den Sturz erheblich verletzt zu haben, wobei es auch zu Folgeerkrankungen gekommen sei. Der Beklagte schulde daher unter anderem die Zahlung eines Schmerzensgeldes.
Das Landgericht wies die Klage bereits mit der Begründung ab, dass die Klägerin den Unfall verschuldet habe, weil sie auf den Beklagten als Fußgänger nicht hinreichend Rücksicht genommen und hierdurch ihre Pflichten als Fahrzeugführerin erheblich verletzt habe. Eine Haftung des Beklagten scheide daher aus.
Entscheidungsgründe
Das OLG Koblenz hat die Entscheidung des Landgerichts bestätigt.
Maßgebend war hierbei, dass nach der Gesetzeslage der Beklagte als Fußgänger auf dem kombinierten Fuß- und Radweg absoluten Vorrang gegenüber der Beklagten gehabt habe (§ 7 Abs. 5 Mobilitätshilfenverordnung; zwischenzeitlich neu geregelt in § 11 Abs. 4 Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung).
Der Beklagte habe sich daher nicht fortwährend nach Verkehrsteilnehmern, die die Strecke befahren durften, umschauen müssen. Er habe vielmehr darauf vertrauen dürfen, dass die den Weg befahrenden Verkehrsteilnehmer auf ihn Acht geben, also ihre Fahrweise und -geschwindigkeit anpassen, durch Warnsignale rechtzeitig auf sich aufmerksam machen und sicherstellen, dass diese Warnsignale auch rechtzeitig von ihm wahrgenommen und verstanden werden.
Hierzu sei, wenn erforderlich, Blickkontakt herzustellen oder auf andere Weise eine Verständigung zu suchen gewesen. Achte oder reagiere ein Fußgänger nicht auf Warnsignale, müsse das Fahrzeug angehalten werden, wenn nur so eine Behinderung oder Gefährdung des Fußgängers vermieden werden könne.
Diese erhöhten Sorgfaltspflichten habe die Klägerin nicht beachtet, da sie auch nach ihrem eigenen Vortrag nicht sicher war, dass der Beklagte sie wahrgenommen hatte. Die Beklagte treffe aufgrund dieses Versäumnisses ein so hohes Verschulden am Zustandekommen des Unfalles, dass ein etwaiges Mitverschulden des Beklagten (unachtsames Rückwärtsgehen) zurücktrete.
Quelle: Pressemitteilung – OLG Koblenz vom 27.09.2019
von kanzlei | Nov. 2, 2019 | Urteile, Verkehrsrecht
VG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2019 – 6 K 4574/18
Der Rhein-Kreis Neuss hat die beantragte Fahrerlaubnis eines Cannabis-Patienten zu Unrecht abgelehnt. Das hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschieden und der gegen den Ablehnungsbescheid der Fahrerlaubnisbehörde gerichteten Klage stattgegeben. Ein MPU-Gutachten hatte dem Kläger eine ausreichende psycho-physische Leistungsfähigkeit attestiert.
Sachverhalt
Das dem Rhein-Kreis Neuss im Rahmen des Neuerteilungsverfahrens vorgelegte medizinisch-psychologische Gutachten gelangte zwar zu dem Ergebnis, dass der Kläger im Falle einer erteilten Fahrerlaubnis die Einnahme von Medizinal-Cannabis und das Führen von Kraftfahrzeugen nicht werde trennen können.
Zugleich attestierte es ihm jedoch seine psycho-physische Leistungsfähigkeit unter Cannabiswirkung.
Entscheidungsgründe
Das OLG stellte fest, dass der Medizinal-Cannabis-Patient auf Grund der Einschätzungen des Gutachtens einen Anspruch auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis hat.
Anders als bei illegalem Cannabiskonsum könne derjenige, der ärztlich verschriebenes Medizinal-Cannabis einnehme, zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. Er könne eine Fahrerlaubnis erhalten, wenn er auch unter der Wirkung von Medizinal-Cannabis ausreichend leistungsfähig sei, um ein Kraftfahrzeug sicher zu führen.
Bei einer Dauerbehandlung mit Medizinal-Cannabis komme es für die Frage der Fahreignung darauf an, ob der Betroffene
- Cannabis zuverlässig nur nach der ärztlichen Verordnung einnimmt,
- keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit festzustellen sind,
- die Grunderkrankung für sich genommen der sicheren Verkehrsteilnahme nicht im Wege steht und
- der Betroffene verantwortlich mit dem Medikament umgeht, insbesondere nicht fährt, wenn die Medikation verändert wird.
Aus dem vorgelegten medizinisch-psychologischen Gutachten ergebe sich in nachvollziehbarer Weise, dass der Kläger diese Voraussetzungen erfülle.
Dem Medizinal-Cannabis-Patient dürfe nicht von vornherein auferlegt werden, sich regelmäßig erneut untersuchen zu lassen. Die Fahrerlaubnisbehörde könne ihn aber wegen der möglicherweise schädlichen Langzeitwirkung von dauerhafter Cannabiseinnahme in einiger Zeit auffordern, seine fortbestehende Eignung wieder nachzuweisen.
Gegen das Urteil kann der Rhein-Kreis Neuss beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster die Zulassung der Berufung beantragen.
Quelle: Pressemitteilung – VG Düsseldorf vom 24.10.2019