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Über schikanösen Nachbarn muss nicht aufgeklärt werden

OLG Karlsruhe, Urt. v. 05.11.2021 – 10 U 6/20

Schikanöses oder sogar kriminelles Verhalten eines Nachbarn begründet keinen Sachmangel eines Grundstücks. Auch eine vorvertragliche Aufklärungspflicht für den Verkäufer eines Grundstücks besteht nur, wenn Beeinträchtigungen erheblichen Ausmaßes zu erwarten sind.

Quelle: Eigenheimer aktuell, Ausgabe Mai 2023

Fluggastrechte: Entschädigung bei Vorverlegung des Flugs

LG Düsseldorf, Urt. v. 11.04.2022 – 22 S 352/19

Ein Flug, der um mehr als eine Stunde nach vorn verlegt wird, gilt als „annulliert“. Eine Fluggesellschaft ist dann grundsätzlich zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet. Das gilt selbst dann, wenn der Fluggast den Flug in Anspruch nimmt. Das hat das Landgericht Düsseldorf entschieden. Zuvor hatte der EuGH auf Vorlage die Rechtsfragen nach europäischem Recht geklärt.

Sachverhalt

Der klagende Familienvater hatte 2018 beim Sommerurlaub doppelt Pech. Der Hinflug hatte eine Verspätung von mehr als drei Stunden, ausgehend von den Flugzeiten in der Reisebestätigung, die das Reisebüro dem klagenden Familienvater für alle Familienmitglieder ausgehändigt hatte.

Der Rückflug wurde um mehr als eine Stunde vorverlegt.

Entscheidungsgründe

Das Landgericht Düsseldorf hat entschieden, dass der Reisende sich grundsätzlich auf die Flugzeiten verlassen darf, die das Reisebüro ihm in der Reisebestätigung mitteilt, wenn diese den Anschein erwecken, verbindlich zu sein.

Ausgehend von diesen Flugzeiten wird die Verspätung bzw. Vorverlegung berechnet, ausgehend von diesen Flugzeiten kann der Reisende von der Fluggesellschaft Entschädigung verlangen.

Unerheblich ist, ob die Fluggesellschaft diese Reisezeiten auch gegenüber dem Reisebüro bestätigt hat.

Bevor das Landgericht Düsseldorf dem Familienvater jetzt im Urteil 3.200 € Entschädigung zugesprochen hat, hat es den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zu mehreren Rechtsfragen angerufen.

Auf die Vorlageentscheidung vom 06.04.2020 hat der Europäische Gerichtshof am 21.12.2021 (Az. C-146/20, C-188/20, C-196/20 und C-270/20) unter anderem entschieden, dass ein Flug als „annulliert“ zu betrachten ist, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen ihn um mehr als eine Stunde vorverlegt, und dass eine vom Reiseunternehmen ausgestellte Buchungsbestätigung für die Flüge einer Bestätigung durch die Fluggesellschaft gleich steht.

Das Urteil ist rechtskräftig. Das Landgericht Düsseldorf hat die Revision zum BGH nicht zugelassen.

Quelle: LG Düsseldorf, Pressemitteilung v. 11.04.2022

Zur Tierhalterhaftung bei Aufeinandertreffen mehrerer Hunde

Landgericht Osnabrück, Urteil vom 23.09.2019 – 8 O 1022/19

Treffen mehrere Hunde aufeinander, sind die Reaktionen der Tiere nicht vorhersehbar. Zwar haftet ein Tierhalter immer dann, wenn es durch das spezielle tierische Verhalten seines Haustiers zu einer Verletzung Dritter kommt. Aber nach einem Urteil des Landgerichts Osnabrück reicht die bloße Anwesenheit eines Hundes nicht, um eine Haftung gegenüber einem anderen Hundehalter zu begründen.

Sachverhalt

Im konkreten Fall hatte eine ältere Frau aus Quakenbrück auf Schmerzensgeld geklagt. Sie machte geltend, sie sei im Sommer 2016 mit ihrem Hund, einem kleinen Terrier oder Terrier-Mischling, spazieren gegangen. Plötzlich habe sie der Hund des Beklagten, ein Rottweiler, angesprungen. Dadurch sei sie zu Fall gekommen und erheblich verletzt worden.

Der beklagte Hundehalter selbst war bei dem Vorfall nicht anwesend. Die Zeugin, die seinen Rottweiler an jenem Tag betreute, schilderte den Vorfall jedoch anders. Zwar sei der Hund des Beklagten tatsächlich zunächst in Richtung der Klägerin gelaufen, die daraufhin ihren Hund auf den Arm genommen habe.

Der Rottweiler habe die Klägerin jedoch nicht angesprungen, sondern sei zu einem Baum gelaufen, wo er sein „Geschäft“ verrichtet habe. Sie habe den Rottweiler dann angeleint und mit ihm weggehen wollen. In diesem Moment habe die Klägerin ihren Terrier wieder auf den Boden gesetzt.

Dieser sei dann plötzlich mehrfach um die Klägerin gelaufen, die sich dadurch in der Hundeleine verwickelt habe und zu Fall gekommen sei.

Entscheidungsgründe

Das Landgericht Osnabrück hat die Klage abgewiesen.

Das Gericht schenkte der Sachverhaltsschilderung der Zeugin Glauben, die den Rottweiler betreut hatte. Auf Grundlage ihrer Schilderung ergebe sich keine Haftung des Beklagten als Halter des Rottweilers.

Zwar hafte ein Tierhalter immer dann, wenn es durch das spezielle tierische Verhalten seines Haustiers zu einer Verletzung Dritter komme. Davon könne hier aber keine Rede sein. Die bloße Anwesenheit des Rottweilers reiche nicht, um eine Haftung gegenüber der klagenden älteren Dame zu begründen.

Unmittelbar zu Fall gebracht habe diese ihr Terrier, als er mit der Leine um sie herumgelaufen sei. Um eine Haftung des Halters des Rottweilers annehmen zu können, hätte aber mindestens feststellbar sein müssen, dass der Hund des Beklagten durch ein wie immer geartetes Verhalten den Hund der Klägerin zu diesem Verhalten provoziert hatte.

Das war aus Sicht der Kammer nicht der Fall. Die bloße Anwesenheit des Rottweilers genügte dagegen in den Augen der Kammer nicht, eine Haftung seines Halters zu begründen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Klägerin hat die Möglichkeit, dagegen mit der Berufung zum Oberlandesgericht Oldenburg vorzugehen.

Quelle: Pressemitteilung – LG Osnabrück vom 11.10.2019

Stark vermüllte Mietwohnung: Kündigung zulässig

Amtsgericht München, Urteil vom 18.07.2018 – 416 C 5897/18                     

Eine stark vermüllte Wohnung kann Grund für eine Kündigung des Mietvertrags sein. Das Amtsgericht München hat eine Mieterin demgemäß verurteilt, eine Zwei-Zimmer-Dachgeschosswohnung nebst Kellerabteil und Tiefgaragenplatz an die klagende Vermieterin herauszugeben. Aufgrund der Umstände des Einzelfalls hielt das Gericht sogar eine fristlose Kündigung für gerechtfertigt.

Sachverhalt

Im November 1996 mietete die Beklagte die Wohnung für zuletzt 841 € monatlich kalt an. Bei einer Wohnungsbesichtigung aufgrund Nachbarbeschwerden Ende Februar 2018 wurde festgestellt, dass der Flur mit Müll, Papier und Schutt (Teppichresten usw.) knöcheltief bedeckt war. In einer Kiste lagen angebrochene Katzenfutterdosen. Die Decke war mit Insektennestern überzogen.

Im Türbereich des Schlafzimmers häuften sich Papier und Müll auf dem Boden. Es befand sich so viel Unrat auf dem Boden, dass man das Schlafzimmer nicht weiter betreten konnte. An der Decke hingen große Spinnweben. Der Boden des Wohnzimmers war in Teilen ebenfalls mit Müll, Papier und Teppichresten usw. bedeckt. Die Küche war stark vermüllt. Das Spülbecken war voller Schmutzwasser gelaufen und mit schmutzigen Geschirr und sonstigen Gegenständen angefüllt.

Aus dem Wasserhahn lief fortwährend ein dünner Wasserstrahl in das Becken. Die Arbeitsplatte war durchfeuchtet und hinter dem Spülbecken eingebrochen. Es waren Schimmelschäden erkennbar. Im Badezimmer war der Boden feucht und verdreckt. Müll und Unrat quoll aus dem Flur in das Badezimmer hinein. Der Balkon war ebenfalls vermüllt. Dort hielten sich zahlreiche Tauben auf.

Der Parkettfußboden der streitgegenständlichen Wohnung war teilweise stark durchnässt und verschmutzt. Zum Teil waren Geldstücke in den Holzfußboden eingetreten. Von der Wohnung ging ein starker Geruch aus. In der darunterliegenden Wohnung zeigte sich ein Wasserfleck an der Decke.

Am Folgetag erklärte die Vermieterin die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung. Sie ist der Auffassung, eine Fortsetzung des Mietvertrages sei ihr nicht zumutbar. Es bestünden ihr gegenüber Ansprüche der Hausgemeinschaft wegen Geruchsbelästigung und entstandener Wasserschäden. Es seien Substanzschäden aufgetreten und der Hausfrieden sei nachhaltig gestört.

Die Beklagte hat den Zustand der Wohnung im Wesentlichen eingeräumt. Wenn sich ihre Wohnung in Unordnung befände, sei das ihr gutes Recht. Es handele sich um Vorarbeiten für eine umfassende Renovierung und nur um einen vorübergehenden Zustand. Allerdings habe sie das Ausmaß des Aufräumens unterschätzt. Für den Wasserfleck in der Küche habe sie bereits die Haftung übernommen. Die Wohnung sei 34 Jahre alt und dementsprechend abgewohnt.

Entscheidungsgründe

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab der Klägerin vollumfänglich Recht und verurteilte die beklagte Mieterin, die von ihr in München-Bogenhausen angemietete Zwei-Zimmer-Dachgeschosswohnung von ca. 60 qm nebst Kellerabteil und Tiefgaragenplatz an die klagende Vermieterin herauszugeben.

Insbesondere halte hier auch die Berechtigung zur fristlosen Kündigung der vorzunehmenden Interessenabwägung stand. Zu Gunsten der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass es sich in diesem Fall um ein langjähriges Mietverhältnis handelt und dass die Ersatzwohnraumsuche in Folge des angespannten Wohnungsmarktes in München sehr schwierig ist.

Des Weiteren hat das Gericht erhebliche Zweifel daran, dass die Beklagte eigenverantwortlich und aus eigener Kraft in der Lage ist, den vermüllten und beschädigten Zustand der streitgegenständlichen Wohnung zu beseitigen.

Zu Lasten der Beklagten spricht die langwierige nachhaltige Vertragsverletzung über einen langen Zeitraum hinweg, die Schulduneinsichtigkeit, die Gefahr, dass sich die vorhandenen Substanzschäden weiter verschlimmern. Des Weiteren ist hier die fehlende Mitwirkung der Beklagten zur Schadensbegrenzung anzuführen: Sie hat Zutritt zu ihrer Wohnung zur Klärung der Wasserschäden durch einen entsprechenden Sachverständigen bisher verweigert.

Des Weiteren ist durch das Verhalten der Beklagten der Hausfrieden nachhaltig gestört. Es stehen eventuelle Minderungsrechte anderer Mieter gegenüber deren Vermieter im Raum. Des Weiteren hat die Beklagte die Klägerpartei mit Vorwürfen beleidigenden Charakters im Laufe des Verfahrens überzogen. So wirft sie der Klägerpartei unseriöses Verhalten, eine hemmungslose Verdrehung von Tatsachen, sowie Mobbing, „Entmietung“ und ähnliches vor.

Eine Räumungsfrist sei der Beklagten angesichts der ohnehin seit der Kündigung verstrichenen Zeit nicht einzuräumen. Sie verfüge zudem über ein Ferienhaus als Ersatzwohnraum.

Das Urteil ist nach Berufung der Beklagten nicht rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung – AG München vom 05.10.2018

Minderungsanspruch bei mangelhaftem Service in der Gastronomie

Amtsgericht München, Urteil vom 12.01.2016

Dem Gast eines Restaurants steht ausnahmsweise bei mangelhaftem Service statt des Kündigungsrechts ein Minderungsanspruch zu.

Sachverhalt

Der Kläger betreibt eine Gaststätte in Unterschleißheim. In dieser feierte der Beklagte Münchner am 26.07.2014 seine Hochzeit. Es wurde ein Vertrag über die Verpflegung von 170 Erwachsenen zu je 42 Euro pro Person und 26 Kindern zu je 15 Euro pro Kind geschlossen. Die Verpflegung sollte aus einem Sektempfang mit Gemüse-Sticks, ein Hauptmenü mit Suppe, Fleischplatten mit Soße und Beilagen, für die Kinder Schnitzel mit Pommes, ein Abendbuffet mit verschiedenen Vorspeisen, Fisch und Brot, alkoholfreien Getränken, Bier und Wein umfassen. Der Beklagte zahlte von den vereinbarten 7530 Euro nur 3000 Euro.

Der Gastwirt verlangt vom Beklagen den Restbetrag von 4530 Euro. Dieser weigert sich zu zahlen, da an der Hochzeit nur 150 Gäste teilgenommen hätten und nur zwei Kellner zur Verfügung gestanden hätten. Die Familie und Freunde des Hochzeitspaares hätten beim Servieren mithelfen müssen. Allein das Servieren der Suppe habe 90 Minuten gedauert. Das spezielle Kinderessen wurde nicht serviert.

Der Gastwirt erhob Klage vor dem Amtsgericht München.

Entscheidungsgründe

Die zuständige Richterin verurteilte den beklagten Münchner zur Zahlung von 1939 Euro. Und wies im Übrigen die Klage ab. Das Gericht hat 14 Zeugen angehört.

Die Richterin hat entschieden, dass es nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag unerheblich ist, dass an der Hochzeit weniger Personen teilgenommen haben, da der Gastwirt sich auf die angegebene Personenzahl vorbereiten musste und entsprechend Spesen und Getränke bereitgestellt hat.

Aufgrund der Zeugenaussagen kam das Gericht aber zur Überzeugung, dass die Bewirtung durch den Gastwirt mangelhaft war im Hinblick auf die Qualität der Speisen und die Wartezeit für die Bewirtung. „Zum Inhalt der von dem Gast vergüteten Leistungen des Gastwirts gehört nämlich nicht nur die Lieferung der bestellten Speisen und Getränke, sondern auch ein dem „Zuschnitt“ des Restaurants entsprechender Service, der so zügig sein muss, wie dies nach der Art der bestellten Speisen und Getränke erforderlich ist“ so das Urteil. Für die Bewirtung der Gäste waren lediglich zwei männliche Kellner zuständig.

Bei einer Gästeanzahl von circa 150 Personen ist dies nach Überzeugung des Gerichts zu wenig, um einen ordnungsgemäßen, insbesondere zügigen Ablauf, d.h. Aufnahme von Getränkebestellungen, Servieren der bestellten Getränke, Servieren der Suppe und Servieren der Hauptspeise, zu gewährleisten.“

Der mangelhafte Service betrifft rechtlich eine geschuldete Dienstleistung. Nach Dienstvertragsrecht besteht bei mangelhafter Erbringung der Dienstleistungen grundsätzlich kein Anspruch auf Minderung (Herabsetzung der Dienstvergütung), sondern lediglich ein Recht zur Kündigung oder gegebenenfalls ein Anspruch auf Schadensersatz. Deshalb ist der Gast bei verzögerter Bedienung in der Regel auf die Kündigungsmöglichkeit beschränkt. Das Gericht stellt fest: „Für den Beklagten war es hier von vornherein ausgeschlossen, im Hinblick auf die schlechte Bewirtung den Vertrag mit dem Kläger zu kündigen. Er konnte, als die mangelhafte Dienstleistung des Klägers offenkundig wurde, mit der mindestens 150-köpfigen Hochzeitsgesellschaft nicht in ein anderes Lokal ausweichen, um dort das beabsichtigte Festessen einzunehmen. Unter Beachtung der beiderseitigen Vertragsinteressen ist es daher gerechtfertigt, …dem Beklagten einen Minderungsanspruch zuzubilligen.

Das Gericht sprach dem Gast das Recht zu, die Zeche in dem Verhältnis herabzusetzen, in dem die einwandfreie Bewirtung zu der tatsächlich vom Gastwirt erbrachten Bewirtung stand.

Von der für die Erwachsenen zu zahlenden Vergütung sind für den mangelhaften Service 30 Prozent in Abzug zu bringen, für die schlechte Fleisch-Qualität brachte das Gericht zusätzlich 3 Prozent in Abzug und für jedes Kind 9 Euro. Nach dem Urteil war der Gast berechtigt, von der vereinbarten Vergütung in Höhe von 7530 Euro einen Betrag von 2590,20 Euro in Abzug zu bringen.

Insgesamt war der Beklagte daher berechtigt, von der vereinbarten Vergütung in Höhe von 7530,00 Euro 2590,20 Euro in Abzug zu bringen. Vom verbleibenden Vergütungsanspruch in Höhe von 4.939,80 Euro hat der Beklagte 3.000,00 Euro bereits gezahlt, so dass dem Kläger gegen den Beklagten eine Restforderung in Höhe von 1.939,80 Euro zusteht.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung – AG München vom 18.03.2016

„Widerrufsdrohung“ von Fernabsatzverträgen ist zulässig

BGH, Urteil vom 16.03.2016 – VIII ZR 146/15

Wann ist der Widerruf eines Fernabsatzvertrages im Online- und Versandhandel rechtsmissbräuchlich? Der BGH hat entschieden, dass Käufer als Verbraucher die Ausübung ihres Widerrufsrechts von der Absenkung des Kaufpreises bzw. der Erstattung eines Differenzbetrags zu einem Vergleichsangebot abhängig machen dürfen. Der andernfalls erklärte Widerruf ist dann nicht rechtsmissbräuchlich.

Sachverhalt

Der Kläger hatte bei der Beklagten über das Internet zwei Matratzen bestellt, die im Januar 2014 ausgeliefert und vom Kläger zunächst auch bezahlt worden waren.

Unter Hinweis auf ein günstigeres Angebot eines anderen Anbieters und eine „Tiefpreisgarantie“ des Verkäufers bat der Kläger um Erstattung des Differenzbetrags von 32,98 €, damit er von dem ihm als Verbraucher zustehenden Widerrufsrecht absehe. Zu einer entsprechenden Einigung kam es nicht. Der Kläger widerrief den Kaufvertrag daraufhin fristgerecht und sandte die Matratzen zurück.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Kläger sich rechtsmissbräuchlich verhalten habe und der Widerruf deshalb unwirksam sei. Denn das Widerrufsrecht beim Fernabsatzgeschäft bestehe, damit der Verbraucher die Ware prüfen könne. Aus diesem Grund habe der Kläger aber nicht widerrufen, sondern vielmehr um (unberechtigt) Forderungen aus der „Tiefpreisgarantie“ durchzusetzen.

Entscheidungsgründe

Die auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Der BGH hat entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zusteht, da er den Kaufvertrag wirksam widerrufen hat.

Dem steht nicht entgegen, dass es dem Kläger darum ging, einen günstigeren Preis für die Matratzen zu erzielen. Für die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Internet geschlossenen Kaufvertrags genügt allein, dass der Widerruf fristgerecht erklärt wird.

Die Vorschriften über den Widerruf sollen dem Verbraucher ein effektives und einfach zu handhabendes Recht zur Lösung vom Vertrag geben. Einer Begründung des Widerrufs bedarf es nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht. Deshalb ist es grundsätzlich ohne Belang, aus welchen Gründen der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht.

Ein Ausschluss dieses von keinen weiteren Voraussetzungen abhängenden Widerrufsrechts wegen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Verbrauchers kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, in denen der Unternehmer besonders schutzbedürftig ist. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Verbraucher arglistig handelt, etwa indem er eine Schädigung des Verkäufers beabsichtigt oder schikanös handelt.

Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Dass der Kläger Preise verglichen und der Beklagten angeboten hat, den Vertrag bei Zahlung der Preisdifferenz nicht zu widerrufen, stellt kein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar. Das ist vielmehr Folge der sich aus dem grundsätzlich einschränkungslos gewährten Widerrufsrecht ergebenden Wettbewerbssituation, die der Verbraucher zu seinem Vorteil nutzen darf.

Quelle: Pressemitteilung – BGH vom 16.03.2016